Wenn Schwangere starken Appetit auf Rindfleisch haben, dann werden ihre männlichen Nachkommen später vielleicht unfruchtbar. So in etwa ließen sich überspitzt die Ergebnisse einer Studie in Human Reproduction (2007; doi:10.1093/humrep/dem068) zusammenfassen. Als Ursache wird eine schädigende Wirkung von Xenobiotika während der Frühschwangerschaft vermutet.
Xenobiotika sind nicht natürliche Chemikalien, die in kleinen Mengen über die Nahrungskette in den Körper gelangen können. Einige dieser Stoffe haben eine hormonartige Wirkung und können dadurch die fetale Entwicklung der Keimdrüsen schädigen. Die Exposition mit Xenobiotika ist weit verbreitet. So wurden in den USA lange Zeit und bedenkenlos Wachstumshormone in der Viehzucht verwendet. Bis 1954 kam auch das synthetische Hormon Diethylstilbestrol (DES) zum Einsatz, von dem man heute weiß, dass es nicht nur bei Schwangeren Brustkrebs verursacht, sondern auch bei den intrauterin exponierten Töchtern später gynäkologische Tumoren induzieren kann.
DES wurde zwar 1979 verboten, doch andere Hormone wie Östradiol, Testosteron, Progesteron, Zeranol, Trenboloneazetat und Melengestrol werden – anders als in Europa – weiterhin eingesetzt, schreibt die European Society for Human Reproduction and Embryology.
Reproduktionsmediziner sehen in der Exposition mit Xenobiotika eine mögliche Ursache für die zunehmende Zahl von Fertilitätsstörungen in westlichen Gesellschaften. Die Study for Future Families wurde initiiert, um die Ursachen dafür zu erforschen. Für die aktuelle Studie untersuchte Shanna Swan von der Rochester Universität die Samenqualität von 387 Männern der Jahrgänge 1949 bis 1983. Sie konnte auch die Mütter der heute erwachsenen Männer nach deren Ernährungsgewohnheiten befragen.
Dabei stellte sich heraus, dass die Söhne von Frauen, die während der Schwangerschaft viel Rindfleisch konsumiert hatten, eine um fast 25 Prozent niedrigere Samenkonzentration im Ejakulat hatten (43,1 versus 56,9 Mio/ml). Von den 51 Männern, deren Mütter während der Schwangerschaft sieben oder mehr Portionen Rindfleisch pro Woche gegessen hatten, hatten 18 Prozent Spermienkonzentrationen von 20 Mio/ml oder weniger, welche die WHO als subfertil bezeichnet. Bei den 24 Prozent der Männer, deren Mütter wenig Rindfleisch verzehrt hatten waren es nur 5 Prozent.
Swan betont zwar, dass alle Männer der Studie, auch jene mit subfertiler Samenqualität ohne repromedizinische Unterstützung Kinder gezeugt haben. Doch der Befund ist einigermaßen beunruhigend, meint auch der Editorialist Frederick vom Saal von der Universität von Missouri in Columbia (2007; doi:10.1093/humrep/dem092). Er weist darauf hin, dass die pränatale Entwicklungsphase besonders empfindlich auf hormonelle Einflüsse reagiere, weshalb die Befunde von Swan ihn nicht überraschen. Sie seien zwar kein Beweis und weitere Studien seien jedoch dringend notwendig.
Nach Einschätzung der European Society for Human Reproduction and Embryology sind die Ergebnisse nicht auf Europa übertragbar, weil Rindfleisch hier wegen der gesetzlichen Bestimmungen weniger mit Xenobiotika belastet ist.
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